Kein Kindergarten, kein eigenes Zimmer, kein Problem
Nun bin ich also eigentlich ein Kindergartenkind
– vom Alter her –
aber durfte daheim bleiben.
Manche denken jetzt vielleicht: Das arme Kind.
Aber ehrlich? Mir ging’s gut!
Kapitel 3. 65 qm, fünf Menschen, null Rückzugsort. Und trotzdem ein Zuhause.
Aber klar, dass ich das nun sage,
denn ich weiss ja nicht, wie es anders gewesen wäre.
Dafür gibt es aber kaum jemanden, der sagen kann:
kein Tag alt und schon das halbe Ruhrgebiet kennengelernt!
Die ersten beiden Kapitel kennt ihr ja schon …
Geburt mit Drama, Kindergarten mit Flucht.
Was macht also nun ein 4jähriges Kind,
welches nicht in den Kindergarten gehen darf?
Na klar: spielen, träumen, den Tag geniessen.
Wie wir gelebt haben
Doch erst muss ich Euch erzählen, wie wir so gelebt haben,
sonst wird’s schwierig, sich unser Leben damals vorzustellen.
Unsere Wohnung war ca. 65 qm gross und ich kann Euch sagen:
mit 2 Erwachsenen und 3 Kindern (zu der Zeit 4, 14 und 15) echt ganz schön voll!
Es gab einen Korridor, ein Badezimmer, eine Küche,
das Schlafzimmer meiner Eltern und tatsächlich ein Zimmer,
in dem eine riesige Modelleisenbahn aufgebaut war.
Und dann war da dieses andere Zimmer,
welches irgendwie ein absoluter Allrounder war.
Andere sahen diesen Raum als Esszimmer,
für uns war es viel mehr.
Dort schliefen meine Geschwister, dort stand der Fernseher,
dort haben wir Besuch empfangen, Weihnachten gefeiert und
es war während des Tages, wenn Papa arbeiten war,
unser Spielzimmer.

– alles in einem.
Gleise, Bücher und Geschwisterliebe – oder so ähnlich
Meine Geschwister waren 10 und 11 Jahre älter als ich
und Papa war in leitender Position im Strassenbau unterwegs.
Unsere Mutter hatte mit uns drei daheim echt genug zu tun.
Denn so eine kleine Wohnung braucht Organisation und Ordnung,
sonst wäre es ganz schnell sehr chaotisch geworden.
Am Sonntag, wenn Papa nicht arbeiten brauchte,
baute er mit meinem Bruder an der Eisenbahn.
Und wo war ich?
Ich war dabei und lernte schon früh:
nur gucken, nicht anfassen!
Und wenn ich da keine Lust zu hatte,
kroch ich zu meiner Schwester unter die Decke
und sie – eine echte „Leseratte“ – las mir eine Geschichte vor.
Ich liebte das.
Übrigens war mein Bruder da immer ziemlich froh drüber,
wenn ich keine Lust auf Eisenbahn hatte …
er freute sich nämlich ganz und gar nicht,
dass er eine kleine Schwester bekommen hatte und nicht einen kleinen Bruder.
Die Nachricht „es ist ein Mädchen“ hatte ihn 1968 sogar zum Weinen gebracht.

Spielen auf Anfrage
Und alltags?
Wenn die grosse Schwester und der grosse Bruder in der Schule waren,
dann musste ich mir überlegen, womit ich spielen wollte.
Denn ich hatte ja kein Kinderzimmer.
Meine Spielsachen – Puppen, Barbies, Legosteine – waren
gut verstaut im elterlichen Kleiderschrank.
Wollte ich spielen, musste ich fragen.
Und wenn ich was anderes wollte, hieß es: erst aufräumen..
Einen eigenen Garten hatten wir auch nicht.
Aber eine Türrahmenschaukel hatte ich!
Also durfte ich „Indoorschaukeln“!
Das klingt nun schlimmer als es wirklich war.
Im Gegenteil: das erklärt wohl, wieso ich auch heute noch
keinen kreativen Gedanken finden kann,
wenn Chaos um mich rum herrscht!

Wenn Ihr wissen wollt,
was mich noch so alles geprägt hat (oder auch nicht),
was ich sonst noch so alles gespielt habe (oder auch nicht),
dann schaut bald wieder rein. Meine Geschichte geht weiter.
Bald. Versprochen.
